Nr. 55 Prävention und Rehabilitation für pflegende Angehörige – Bedeutung zielgruppengerechter und nutzer*innenorientierter Versorgungskonzepte
Abstract
Die Zahl der pflegebedürftigen Personen in Deutschland ist stark angestiegen. Pflegende Angehörige
sind eine tragende Säule in der Pflege, doch ihre Belastungen sind enorm. Sie leiden unter gesundheitlichen
Einschränkungen und psychischer Belastung und die Pflegesituation beeinträchtigt
ihr Sozialleben, ihre Beziehung zu der pflegebedürftigen Person und ihre finanzielle Situation.
Das Verbundvorhaben „Prävention und Rehabilitation für pflegende Angehörige – PuRpA“ wurde
ins Leben gerufen, um wissensbasierte und praxisorientierte Rahmenkonzepte für die stationäre
Vorsorge- und Rehabilitation, Begleitangebote für pflegebedürftige Personen und sektorenübergreifendes
Case Management für pflegende Angehörige zu entwickeln. Gefördert von der Stiftung
Wohlfahrtspflege NRW von September 2020 bis Dezember 2023, wurde das Verbundvorhaben von
der AW Kur und Erholungs GmbH sowie dem Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e. V. getragen,
während die Hochschule Bielefeld (HSBI) die wissenschaftliche Begleitung übernahm.
Die Ziele umfassten neben der Entwicklung auch die Erprobung dieser Konzepte in kooperierenden
Vorsorge- und Rehabilitationskliniken, Pflegeeinrichtungen und Beratungsstellen in Nordrhein-
Westfalen. Die Projekte sollten finalisierte und validierte Rahmenkonzepte hervorbringen, die
deutschlandweit von Einrichtungen der stationären Vorsorge und Rehabilitation sowie Pflegeeinrichtungen
genutzt werden können.
Der vorliegende Bericht skizziert das Vorgehen der wissenschaftlichen Begleitung der drei Modellprojekte
hinsichtlich der Konzeptentwicklung, die sich vor allem auf Scoping Reviews und Fokusgruppen
stützte. Schwerpunktmäßig werden das Vorgehen und die Ergebnisse der Validierung der
Rahmenkonzepte beschrieben.
Die wissenschaftliche Begleitung der drei Modellkonzepte orientierte sich am Modell des Medical
Research Councils (MRC), welches zur wissenschaftlichen Begleitung von Entwicklungs- und Evaluationsprozessen
komplexer Interventionen konzipiert wurde. Die wissenschaftliche Begleitung
basierte auf einem Mixed-Methods-Design, d. h., die Konzepte wurden jeweils mit einer Kombination
aus quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden validiert.
In der Projektlaufzeit konnte gezeigt werden, dass die pflegenden Angehörigen, die an der Erprobung
teilgenommenen haben, weitestgehend positive Erfahrungen mit den entwickelten Konzepten
gemacht haben und dass die ambulanten und stationären Maßnahmen in vorhandene Strukturen
integriert werden können.
Zusätzlich wurde auf Basis der Ergebnisse ein übergeordnetes Modell entwickelt, welches Konsequenzen
für eine zielgruppenadäquate Gestaltung von Unterstützungsangeboten aufzeigt und so
einen Rahmen für die zukünftige Entwicklung solcher Angebote bieten soll. Es beschreibt Nutzer*
innenorientierung im Kontext pflegender Angehöriger und pflegebedürftiger Personen und beinhaltet
eine grafische Darstellung des Modells.
Abschließend wurden anhand der Ergebnisse Implikationen für die nutzer*innenorientierte Versorgung
pflegender Angehöriger und pflegebedürftiger Personen abgeleitet, die die Herausforderungen
für Vorsorge- und Rehabilitations-, aber auch Pflegeeinrichtungen sowie lokale Standorte berücksichtigen.
Gleichzeitig werden politische und gesellschaftliche Forderungen gestellt.
Im Verbundvorhaben wurde der erhebliche Unterstützungsbedarf der Zielgruppe pflegender Angehöriger
bestätigt. Es bedarf daher dringend flächendeckender und nachhaltiger Maßnahmen,
die darauf abzielen, die Gesundheit dieser Gruppe zu fördern und ihre Pflegefähigkeit zu stärken.
Die durch die AW Kur und Erholungs GmbH und den Caritasverband für das Erzbistum Paderborn
e. V. entwickelten Rahmenkonzepte, welche hier öffentlich zugänglich sind, sollen die Entwicklung
solcher Angebote unterstützen.